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Freie Dienstnehmer im Sozialversicherungsrecht


01. September 2014 Autor Keine Kommentare Kommentar schreiben
Beschäftigungsverhältnisse sind heutzutage in den unterschiedlichsten Ausprägungen anzutreffen. Diese sind oftmals nicht mehr mit der klassischen Definition eines Dienstnehmers bzw. Selbständigen vereinbar. Als quasi Zwischenform hat sich daher in der Rechtsprechung die Figur des „freien“ Dienstnehmers entwickelt. Der vorliegende Artikel geht auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung derart tätiger Personen ein.

Wie bereits im Artikel "Freie Dienstnehmer im Steuerrecht" bemerkt wurde ist ein freier Dienstnehmer nach der Rechtsprechung jemand, der sich verpflichtet dauerhaft Leistungen an einen Dienstgeber zu erbringen, ohne aber in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu diesem zu stehen.

Im Unterschied zum freien Dienstnehmer zeichnet den echten Dienstnehmer seine persönliche Abhängigkeit bei der Gestaltung seiner Arbeit aus, was sich insbesondere durch die persönliche Dienstpflicht, die vorgegebenen Arbeitszeiten, die Weisungs- und Kontrollemöglichkeit des Dienstgebers sowie die Eingliederung in die betriebliche Organisation zeigt.

Ein freier Dienstnehmer ist daher kein Dienstnehmer im Sinne des Arbeitsrechtes vgl. 1151 ABGB. Arbeitsrechtliche Regelungen sind daher prinzipiell auf ihn nicht anzuwenden.

Nur jene arbeitsrechtlichen Normen, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers ausgehen und den sozial Schwächeren schützen sollen, sind auf den freien Dienstvertrag (analog) anwendbar (vgl. OGH 20.09.1983 4 Ob 93/83). Hierzu zählt beispielsweise die Bestimmung des § 1152 ABGB, die ein angemessenes Entgelt für die Tätigkeit eines Dienstnehmers vorsieht.

Auch kollektivvertragliche Mindestlohnbestimmungen finden beim freien Dienstnehmer keine Anwendung.

Beispiele für freie Dienstnehmer:

Ein Arzt, der nebenberuflich zur Betreuung eines Unternehmens bestellt ist, der seine Sprechstunden aber frei einteilen kann. Ein Rechtsanwalt, der vertraglich zur rechtsfreundlichen Vertretung gegen ein monatliches Entgelt verpflichtet ist.

Ein freier Dienstnehmer ist kein Werkunternehmer, da er keinen bestimmten Erfolg bzw. Werk schuldet (Zielschuldverhältnis). Vielmehr ist er verpflichtet seine Leistungen kontinuierlich zu erbringen. Der freie Dienstnehmer schuldet ein Bemühen (Dauerschuldverhältnis) und nicht ausschließlich einen Erfolg.

Tendenziell kann gesagt werden, dass ein freier Dienstnehmer im Sinne der Rechtsprechung weder Dienstnehmer im Sinne des Steuerrechtes (vgl. § 47 Abs 2 EStG) noch im Sinne des Sozialversicherungsrechtes (vgl. § 4 Abs 2 ASVG) ist.

Allerdings ist jedes freie Beschäftigungsverhältnis nach der jeweiligen gesetzlichen Dienstnehmerdefinition eigenständig zu beurteilen. So kann durchaus auch ein freies Dienstverhältnis eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs 2 ASVG begründen (= Dienstnehmer im Sinn des Sozialversicherungsrechtes).

Überhaupt kommt für eine Erwerbstätigkeit als freier Dienstnehmer prinzipiell jeder Versicherungstatbestand in Betracht. Die jeweiligen Versicherungstatbestände schließen sich hierbei grundsätzlich aus.

Werden unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt, so kann jedoch eine Mehrfachversicherung eintreten. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Gewerbetreibender (Erwerbstätigkeit mit Gewerbeberechtigung löst GSVG-Pflichtversicherung gem. § 2 Abs 1 Z 1 GSVG aus) gleichzeitig auch als Angestellter (ASVG-Pflichtversicherung gem. § 4 Abs 2 ASVG) tätig wird.

Prüfreihenfolge

Ein freies Dienstverhältnis kann prinzipiell unter jeden der vier Versicherungstatbestände fallen, wobei sich die Tatbestände gegenseitig ausschließen (vgl. oben). Aus der Gesetzessystematik des ASVG und GSVG ergibt sich folgende Prüfreihenfolge:



1) Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG

Zunächst gilt es zu klären, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des Sozialversicherungsrechtes vorliegt.

Laut ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist (vgl. § 4 Abs 2 erster Satz ASVG). Ein Dienstverhältnis liegt auch dann vor wenn die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Die Tatsache, dass eine beschäftigte Person über eine Gewerbeschein bzw. Gewerbeberechtigung verfügt, schließt noch lange nicht das Vorliegen eines Dienstverhältnisses gemäß § 4 Abs 2 ASVG aus (vgl. VwGH 21.12.2011, 2010/08/0129).

Jedenfalls liegt aber ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 2 dritter Satz ASVG dann vor, wenn jemand nach § 47 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 EStG lohnsteuerpflichtig ist (vgl. § 4 Abs 2 dritter Satz ASVG). Es besteht daher eine Bindungswirkung durch das Steuerrecht im Verhältnis zur Sozialversicherung. Daraus kann jedoch nicht der Gegenschluss gezogen werden, dass eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs 2 erster Satz ASVG nur dann vorliegt, wenn auch Lohnsteuerpflicht gegeben ist (vgl. VwGH vom 21.12.2005, 2004/08/0066).

Entgeltlichkeit ist zwar keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des bürgerlichen Rechtes vgl. § 1151 ABGB, wohl aber für den Eintritt einer Sozialversicherungspflicht (vgl. VwGH 25.9.1990, 89/08/0334).

Bei ausdrücklicher Vereinbarung von Unentgeltlichkeit liegt daher kein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis vor. Dies gilt auch bei Dienstgebern, die einem Kollektivvertrag unterliegen. Im Zweifelsfall oder bei Fehlen einer Vereinbarung gilt aber ein angemessenes Entgelt als vereinbart (vgl. § 1152 ABGB).


2) „Alter“ Selbständiger im Sinn des § 2 Abs 1 Z 1 GSVG

Besteht kein Dienstverhältnis ist zu prüfen, ob die Tätigkeit im Rahmen einer entsprechenden Gewerbeberechtigung ausgeübt wird und daher eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG besteht.

Die Kammermitgliedschaft, auf die § 2 Abs 1 Z 1 GSVG abstellt, hängt von der Befugnis zur Ausübung des entsprechenden Gewerbes ab, und nicht vom Zeitpunkt der Betriebseröffnung vor Erlangung der Gewerbeberechtigung.

Die Kammermitgliedschaft tritt auch unabhängig von der tatsächlichen Erfassung durch die Kammern ein (vgl. VwGH 85/08/0111). Auch in Zeiten der Nichtausübung der Gewerbeberechtigung, soweit kein Ruhen angezeigt wurde, besteht Kammermitgliedschaft und damit Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG. Die Pflichtversicherung besteht daher unabhängig von der Höhe der Einkünfte (Ausnahme: Befreiung aufgrund der Kleinstunternehmerregelung).

Auch Freiberufler, deren Tätigkeit eine Zugehörigkeit zu einer Kammer begründet, unterliegen vielfach dem § 2 Abs Z 1 GSVG Versicherungstatbestand. Dies betrifft unter anderem freiberuflich tätige Ärzte vgl. § 2 Abs 2 Z 1 FSVG in Verbindung mit § 2 Abs 1 Z 1 GSVG siehe dazu auch: "Arzt und Sozialversicherung"

Im Bereich der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG hängt die Beitragshöhe grundsätzlich vom Einkommen des Erwerbstätigen ab. Sind die Einkünfte negativ oder sehr niedrig ist jedoch ein Mindestbetrag zu entrichten (sog. Mindestbeitragsgrundlage).


3) Freier Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs 4 ASVG

Wird durch das Tätigwerden keine Versicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG ausgelöst, ist bei freien Dienstnehmern zu untersuchen, ob die Merkmale des § 4 Abs 4 ASVG erfüllt sind.

Dabei kommt es darauf an, dass ein
- freier Dienstnehmer (im Sinne der erwähnten Rechtsprechung) sich
- gegen Entgelt
- auf eine bestimmte Zeit oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen
- an einen „qualifizierten“ Dienstgeber verpflichtet,
- diese im Wesentlichen persönlich erbringt, und
- über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt.

Freie Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs 4 ASVG sind grundsätzlich Dienstnehmern im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG gleichgestellt. Daher gilt beispielsweise bei Dienstnehmern im Sinn des § 4 Abs 4 ASVG auch das Anspruchslohnprinzip, wonach das Entgelt, auf welches ein Dienstnehmer einen Anspruch hat, die sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlage bildet.


4)„Neuer“ Selbständiger im Sinn des § 2 Abs 1 Z 4 GSVG

Ergibt auch diese Prüfung kein Ergebnis, besteht, sofern Erwerbseinkünfte vorliegen, Pflichtversicherung als „Neuer Selbständiger“ (vgl. § 2 Abs 1 Z 4 GSVG).

Für den Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 4 GSVG sind nicht berufsrechtliche Anknüpfungspunkte maßgeblich vgl. § 2 Abs 1 Z 1 GSVG, sondern die erzielten Erwerbseinkünfte.

Der Begriff der „Erwerbseinkünfte“ ist im Sinn des Einkommensteuerrechtes auszulegen. Danach sind betriebliche Einkünfte (Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus Gewerbebetrieb) Erwerbseinkünfte; keine Erwerbseinkünfte sind hingegen anzunehmen bei Einkünften aus der Vermögensverwaltung (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapitalvermögen), sowie bei sonstigen Einkünften gemäß § 29 EStG (z.B. Funktionärsgebühren). Derartige Einkünfte unterliegen daher keiner Sozialversicherungspflicht.

Eine Beitragspflicht entsteht für neue Selbständige prinzipiell nur dann, wenn ihre Einkünfte eine bestimmte Höhe übersteigen (sog. Versicherungsgrenzen).


Beurteilungsgrundsätze

Grundsätzlich hat die Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen anhand der vertraglichen Gestaltung zu erfolgen, weil darin die in Aussicht genommenen Konturen der Beschäftigung erkennbar werden. Weicht jedoch die tatsächliche Ausübung der Erwerbstätigkeit von den vertraglichen Hüllen ab, sind allerdings immer die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse heranzuziehen (vgl. VwGH 11.12.1990, 88/08/0269).


Auskunftspflicht

Für freie Dienstnehmer besteht die Verpflichtung dem Dienstgeber Auskunft über das Bestehen einer die Versicherung ausschließenden anderen Pflichtversicherung auf Grund ein und derselben Tätigkeit zu erteilen. Hierbei sind insbesondere das Bestehen bzw. der Wegfall einer Gewerbeberechtigung relevant.

Wird gegen die Auskunftspflicht verstoßen, schuldet der Auftraggeber im Falle einer rückwirkenden Feststellung der Versicherung lediglich die Dienstgeberanteile. Die Versichertenanteile sind dagegen vom Auftragnehmer auf eigene Gefahr und Kosten einzuzahlen. Eine Verletzung der Auskunftspflicht ist gegenüber dem Versicherungsträger zu dokumentieren. Es ist daher ratsam dahingehende schriftliche Bestätigungen vom freien Dienstnehmer einzuholen.

Mag. Peter Knöll

Mag. Peter Knöll, Steuerberater
 
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